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Erdställe

7. Tafel

Gemdeinde Mauern

Impressionen


Die Erdmännlein von Alpersdorf

Ein junger Dienstknecht, der es mit dem Nachhausegehen von der Tanzmusik und vom Wirtshaus nicht allzugenau nahm, fand an seinem Dienstplatz die Haustür verschlossen und übernachtete deshalb im Stadl im Stroh. Da hörte er bei Nacht ein geheimnisvolles Wispern und Rauschen. Als er nun schaute, was das war, sah er im Morgengrauen mehrere kleine Gestalten auf dem Hof und in den Ställen herumhuschen. Nun trieb ihn die Neugierde und er wollte sehen, was die Männlein wollten. Als diese sahen, dass sie beobachtet wurden, verschwanden sie eiligst in Richtung Schupfloh und waren plötzlich vom Erdboden verschwunden. An der Stelle aber, wo sie in die Erde verschwanden, hat man viele Jahre später eine Erdhöhle entdeckt, deren Entstehung sich niemand erklären konnte.

(Quelle: Sagen und Geschichten aus der südöstlichen Hallertau, Hagl)

Was sind Erdställe?

Kurz gesagt, handelt es sich um künstliche Gang- und Kammersysteme, die kunstvoll in die Erde eingegraben wurden. Die Gänge sind oft spitzbogig, seltener auch als Rundbogen gearbeitet. Oft sind derartige Erdbauwerke mehrfach verzweigt, beinhalten Wandnischen und münden in größere Kammern mit Sitznischen und Gewölbe, wobei diese Kammern für einen normalen Erwachsenen meist deutlich zu klein dimensioniert sind.  Auch Schlupflöcher, bzw. Tauchdurchschlüpfe, Vertikaldurchschlüpfe, etc., die sich auf bis zu 35 cm verengen und in eine tiefer oder höher  liegende Etage, oder auch ein versetztes, eigenständiges Gangsystem oder eine Kammer  münden, sind häufig anzutreffen. Funde in Erdställen sind praktisch nicht vorhanden, was die zeitliche Einordnung erschwert. Die Gänge stehen sehr oft in Verbindung mit sakralen Bauten und großen Höfen im Dorfzentrum, was auf ein Entstehen während oder vor der Ortsgründung schließen lässt. Insgesamt betrachtet ist die zeitliche Einordnung weiterhin sehr schwierig und selbst in Expertenkreisen umstritten. Allerdings gab es jüngst neue Erkenntnisse die auf eine wahrscheinliche Entstehungszeit zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert nach Christus und auf eine Auflassung oder sogar bewusste Zerstörung oder Verschließung um etwa 1200 schließen lassen.

Auch der Zweck der Erdställe ist bis heute nicht klar. Einige Wissenschaftler weisen ihnen ganz klar kultische Funktionen zu, andere sehen sie als Flucht- oder Zufluchtsorte. Die zweite Theorie trifft mit Sicherheit auf einen kleinen Teil der bekannten Gänge zu, allerdings sind diese nicht den klassischen Erdställen zuzuordnen. Ein Indiz auf eine kultische Bedeutung der Bauten geben die vielen Sagen und Erzählungen, die mit Erdställen im Zusammenhang stehen, sowie ihre Nähe zu Sakralbauten und markanten Landschaftspunkten.Möglicherweise stehen die Gangsysteme mit dem frühchristlichen Glauben an ein Verweilen der Seelen in einer Zwischenwelt in Zusammenhang.

Der Erdstall in der Schupfloh

In Mauern berichtete bereits der Archäologie-Pionier Josef Wenzl über einen unterirdischen Gang, den er vage beschrieb, dessen Lage er aber nicht mehr angeben konnte. Nach längeren Recherchen sind wertvolle Schriftstücke des damaligen Untersuchers,  Prälat Dr. Thomas  Hartig, aufgetaucht. Aus ihnen lässt sich die exakte Lage des Erdstalles angeben und sein Aussehen gut rekonstruieren. Der Erdstall bestand aus einem Hauptgang, der ab Einbruchstelle zwölf Meter lang war. Von ihm zweigten zwei Seitengänge ab, von denen einer nach zehn Metern schon zur damaligen Zeit verstürzt war, der andere aber nach zehn Metern an eine Treppe mündete. Nach der Überwindung von 1,5 Metern Höhenunterschied erreichte man nach etwa sechs Metern eine kleine Halle mit drei Seitenkammern/ Nischen. Auch Seitennischen, evtl. Lampennischen sind überliefert. Somit handelt es sich hier um einen typischen Erdstall mit seinen charakteristischen Merkmalen. Die Lage konnte nach Durchsicht von alten Flurkarten ziemlich genau an den Übergang der Schupflohstraße in den angrenzenden Feldweg ermittelt werden. In einem Schreiben von Pfarrer Hartig an den damaligen Landrat Mittermaier heißt es: „Ich habe mit meinen Männern eine zeitlang in der Kammer verweilt. Dort haben wir fromme Lieder gesungen und Bier getrunken“

Auch unter dem Gasthaus „Alter Wirt“ ist ein Gang überliefert. 1965 wurde dort ein kleines Gangstück angegraben, das ebenfalls typische Erdstallmerkmale aufweist.